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Die Ursachen der Angst: Aller guten Dinge sind drei!

Aktualisiert: vor 2 Tagen



Warum Britta Angst hat, vor Gruppen zu sprechen (Bildquelle: Unsplash)
Warum Britta Angst hat, vor Gruppen zu sprechen (Bildquelle: Unsplash)

Britta's Traum: Souverän und mit einer Prise Humor vor Gruppen sprechen. Die Realität sieht anders aus: Zittern, Versprecher und Angstschweiß. Sie zweifelt an sich: Warum macht ihr das Angst? Es besteht doch keine objektive Gefahr für Leib und Leben.

 

Sie macht sich auf die Suche. Will der Sache auf den Grund gehen und endlich verstehen, woher ihre Redeangst kommt.


Spoiler vorweg: Es gibt für Angst nicht eine einzige Ursache, sondern drei Ursachen. Und dazu kommt noch ein konkreter Auslöser. Es ist also komplexer als gedacht.

 

Britta fragt sich zuerst: Ist meine Angst angeboren? Oder hab ich sie erlernt? Die Antwort: Beides! Jeder Mensch hat eine Vorgeschichte und bringt unterschiedliche Voraussetzungen mit. Da ist einmal die Erbanlage, mit der er geboren wird. Dann macht jede*r unterschiedliche Erfahrungen im Laufe der Jahre - in einem bestimmten sozialen Kontext.

 


Ursache 1: Die Gene - die angeborene Ängstlichkeit.

 

Unsere Gene statten uns mit der Fähigkeit aus, Angst zu empfinden. Zwillingstudien zeigen, dass Menschen von Geburt an zu unterschiedlich viel Angst neigen. Es gibt also eine angeborene Ängstlichkeit. Allerdings gibt es nicht ein einzelnes Angst-Gen, sondern vielmehr Hunderte bis Tausende.

Bereits im Alter von 4 Monaten reagieren Babys unterschiedlich stark mit Angst auf Unbekanntes. Jedes fünfte Baby reagiert auf laute Geräusche oder fremde Personen mit starker Angst. Andere Babys ließen sich dagegen kaum erschrecken. Diese Tendenz, viel Angst zu spüren, setzt sich im späteren Leben fort. Die "20% Ängstlichen" haben als Erwachsene eine besonders aktive Amygdala, die bereits bei geringem Anlass Angstalarm auslöst. Sie verhalten sich daher vorsichtiger und sind schüchterner.

 

Britta erinnert sich, dass sie bereits als Kind sehr ängstlich war. Genauso wie ihre Oma. Vielleicht hat sie eine entsprechende Verletzlichkeit geerbt und reagiert schneller und stärker mit Angst?


Eine angeborene Ängstlichkeit führt alleine noch nicht zu übermäßiger Angst. Er müssen noch aktuelle Belastungen oder bestimmte erlernte Denk- und Verhaltensweisen dazu kommen!



Ursache 2: Die Psychologie - die erlernte Angst.

 

Wir machen viele Erfahrungen, positive und negative. Besonders prägend sind die Erlebnisse in der Kindheit, wenn sich das Gehirn noch entwickelt. Erleben wir bedrohliche Situationen, reagieren wir mit starker Angst. Dies kann zum Beispiel Vernachlässigung sein, oder ein übertrieben strenges Elternhaus. Wir lernen dann Denk- und Verhaltensmuster, die zu einem niedrigerem Grundvertrauen gepaart mit übermäßig starkem Angsterleben führen können.


Manche Konflikte drängen wir aus unserem Bewusstsein. Wir wollen, dass der lange schwelende Streit in der Partnerschaft oder die schleichende Trennung von einer langjährigen Freundin keinen Platz im Alltag bekommt. Dennoch können sie unser gegenwärtiges Erleben beeinflussen. Unbewusst wirken solche Konflikte auf das Erleben von Angst.


Britta erinnert sich, dass sie als Kind manchmal Angst hatte, verlassen zu werden. Sie wollte sich dann ihren Eltern nah und verbunden fühlen. Daher unterdrückte sie ihren Wunsch, selbstständig zu handeln. Sie blieb dann lieber an Papas Seite statt mit den anderen Kindern mitzulaufen. Vielleicht hat so ihr Vertrauen in sich selbst gelitten? Vielleicht spürt sie in schwierigen Situationen diese alte Angst?


Auch im Erwachsenenalter werden wir mit negativen Erlebnissen konfrontiert. Zum Beispiel ein Autounfall. In Folge davon entwickeln viele Betroffene Angst vorm Autofahren. Oder nach einem Wohnungseinbruch leiden viele unter Ängsten und fühlen sich in ihrer Wohnung nicht mehr sicher. Aus einem zuerst positiven oder neutralen Reiz - Auto, Wohnung - wird ein negativer: Wir lernen Angst davor zu haben. Solche Erfahrungen führen dazu, dass eine Situation als gefährlich bewertet wird, obwohl sie es objektiv nicht ist. Quasi ein Denkfehler.

 

Allein durch die Beobachtung anderer Personen, die große Angst haben, können wir selbst Angst erlernen. Zum Beispiel wenn ein Elternteil panisch auf Schlangen reagiert. Durch dieses Imitationslernen übernehmen wir deren Gefühle und Einstellungen. Das funktioniert sogar im Kino. So kann ein Film über einen Flugzeugabsturz zu Flugangst beitragen.


Britta erinnert sich an ihre Mutter, die übermäßige Angst davor hatte, im Mittelpunkt zu stehen. Deswegen verzichtete ihre Mutter sogar darauf, ihren Geburtstag zu feiern. Möglicherweise hat habe ich mir von dieser sozialen Angst etwas abgeschaut?


Gleichzeitig bietet unsere Lerngeschichte auch die Chance, Verhaltensweisen aufzubauen, die dazu beitragen, dass ängstliche Kinder konstruktiv mit ihren Ängsten umgehen können. Beobachten sie zum Beispiel, wie gelassen der Erzieher beim Waldausflug auf eine Ringelnatter am Weg reagiert, lernen sie eine neue Verhaltensoption.


Unsere Gefühle werden stark von unseren Gedanken beeinflusst. Negative Glaubenssätze oder fehlerhafte Interpretationen verstärken eine physiologische Angstreaktion. Beim Katastrophieren wird eine lebensbedrohliche Situation vorgestellt. Zum Beispiel dass das Hochhaus einstürzt, an dem ich vorbeifahre, oder dass mein beschleunigter Herzschlag auf einen Herzinfarkt hinweist. Auch eine persönliche Überzeugung - wie "Nur die Schwachen haben Angst" - kann zu übersteigerter Angst führen.


Britta neigt dazu, das Schlimmste zu erwarten. "Ich werde den roten Faden verlieren und mich total blamieren" ist sie fest überzeugt. Auch denkt sie darüber nach, was andere über sie denken könnten. Sie befürchtet, dass sie ihre Kolleg:Innen ihre Angst bemerken und sie dann nicht mehr ernst nehmen.


Dieses Katastrophendenken in Kombination mit schambehafteten Gedanken sind besonders angstförderlich.  



Ursache 3: Das Umfeld - der Angst-Kontext.

 

Unsere Lebensbedingungen können zu Ängsten führen. Eine kritische Wohnsituation, der fehlende Arbeitsplatz oder instabile Finanzen zum Beispiel. Wer beispielsweise ein Haus umbaut, reagiert aufgrund des Dauerstress öfter mit Ängsten. Eine stabile finanzielle Situation ist wichtig, um eine Krise zu bewältigen. Fehlt es an Geld, können keine Unterstützungsangebote genutzt werden. Auch langanhaltende Belastungen, wie die Pflege eines nahen Angehörigen oder hohe Anforderungen im Beruf, können zu Angst und Selbstzweifel führen. Ein hohes Stressniveau steigert das Risiko, übermäßig starke Angst zu bekommen.


Freunde und Verwandte unterstützen uns in schwierigen Momenten. Sie geben Halt und machen Mut. Fällt diese Unterstützung weg, z.B. durch einen Umzug, Todesfall oder eine Scheidung, können wir uns isoliert fühlen und Angst haben, zu vereinsamen.


Wie wir auf uns und unsere Umwelt blicken, hängt auch mit dem Erziehungsstil unserer Eltern zusammen. Manche Eltern ermutigen ihr Kind, unbekannte Situationen aufzusuchen und aufkommende Ängste zu erobern. Andere Eltern denken, dass Angst dem Kind schadet. Sie wollen ihr Kind vor allen Gefahren beschützen. Daher verbieten sie ihm alle Versuche, sich auszuprobieren und die Welt zu entdecken. Diese Kinder können dann seltener die Erfahrung machen, angsteinflößende Situationen zu erleben und durchzustehen.

 

Auch der Blick der Gesellschaft auf das Gefühl selbst beeinflusst das Angst-Erleben. Wird Angst gesellschaftlich akzeptiert oder eher abgelehnt? Unsere gesellschaftlichen Strukturen tragen dazu bei, dass Angst stigmatisiert wird. In einer Gesellschaft, in der Leistung zählt und Versagensangst weit verbreitet ist, erscheint Verletzlichkeit als Gefahr.


Britta erinnert sich an ihren Sportlehrer in der Schule, der immer wieder davon sprach, stark wie eine deutsche Eiche zu sein. Das erhöhte den Druck auf sie, keine Angst zu empfinden. Besonders wenn sie zitternd auf dem Drei-Meter-Brett stand und nach unten schaute. Sie verdrängte ihre Angst. Und das tut sie auch heute. Sie verzichtet darauf, darüber zu sprechen und sich Hilfe zu holen.

 


Britta's Fazit: Ihre Angst kommt nicht von irgendwo. Sie ist das Ergebnis ihrer Gene, ihrer Erlebnisse und ihres Umfelds. Zu dieser individuellen Vulnerabilität kommt noch das aktuelle weltpolitische Geschehen. Das stresst sie sehr. Es wird ihr einfach zu viel.


Ihre Geschichte anzuschauen, hilft Britta. Sie kann es würdigen, bestimmte Verhaltensmuster und Abwehrmechanismen aufgebaut zu haben. Und sie beginnt, über ihre Angst nachzudenken.


Und sie macht sich auf die Suche nach Strategien, mit ihrer Angst umzugehen. Um ihren Traum doch noch zu verwirklichen!


 

Quellen:

Luerweg, F. (2024, 31.Mai). Angststörung. Psychologie Heute. Online abrufbar unter:


Deutsche Angst-Hilfe e.V.. Wie Angststörungen entstehen. Online abrufbar unter: https://www.angstselbsthilfe.de/wissen/ursachen/entstehung-angststoerung/psychologische-biologische-und-soziale-faktoren/


Domschke, K. (2023, 13.Juni). Was tun bei staken Ängsten? (Video). YouTube. Online abrufbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=_iN8J8ZiUAg


Windscheid, L. (20219). Besser fühlen. Rowohlt: Hamburg.


 
 
 

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