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Suche

Schreib mal über Sucht

  • tanja5346
  • 24. März
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 26. März

Dieser Beitrag ist ein Experiment. Und das Ergebnis eines Schreibworkshops bei der wunderbaren Martina Klein. Im Kreis von Depressionserfahrenen. Die Aufgabe war: Schreib mal über Sucht, aber ohne darüber nachzudenken.

 

Freewriting also. Assoziatives, intuitives Schreiben. Zuerst macht mich das nervös. Nur auf mich, meine Gefühle und Gedanken vertrauen? Echt jetzt?

Martina ermuntert uns, einfach loszulegen. Also, Zettel her. Bleistift in die Hand. Radieren ist erlaubt.


Und oh Wunder, es entsteht ein neuer Raum.

Ganz ohne Druck. Ohne Angst, den wissenschaftlichen Anforderungen nicht zu genügen, oder gar den eigenen. Der innere Kritiker wird zum Schweigen gebracht.


Das entlastet ungemein. Bringt sogar Spass. Und zeigt mir, was eh schon gedanklich da ist. Ich lass mich drauf ein und lass es fließen. Lass meinen Gedanken freien Lauf.

Und was taucht auf? Zucker! What??

 

Hier das überraschende Ergebnis meiner kleinen Schreibübung.


Mein Zuckergewand

 

Zuckersüß. Die Haare hübsch. Das Gesicht lächelnd. Die Augen strahlen.

Wie niedlich, die Kleine.

 

Zucker löst sich auf. Wird verrührt. Vermengt. Verteilt. Verschwindet.

Bäh!

 

Zuckerkristalle entstehen. Körnchen. Kruste. Hagel.

Die Zuckerhaube hält. Schützt. Das Darunter. Das Weiche. Die Crème. Den Teig.

Zucker gibt Halt.

 

Zucker ist Kosmetik. Er übertüncht. Verstellt. Verdeckt.

Kein wahrer Geschmack. Keine Bitterkeit.

 

Und doch: Zucker ist Leben.

Ohne Kuchen, Keks und Tarte ist das Leben fad.

Patisserie bringt Farbe, Freude, kleine Momente. Genuss. Körperlichkeit.

 

Ein Zuviel macht abhängig.

Schon am Morgen der Traum, in ein glasiertes Teilchen zu beißen.

Das zarte Geräusch dabei, der Geschmack im Mund.

 

Zucker bedeutet Krankheit. Zuckerkrank. Liebeskrank.

Sucht und Suche zugleich. Abhängigkeit. Vom Außen.

Widerlichkeit. Gestohlenes Glück.

 

Balance statt Sucht.

Selbst statt Andere.

Wir statt Du.

 

Also komm her, du Zuckergewand.

Ich zieh dich an. Ich zieh dich aus.

Leg dich vor mich hin. Und schau dich an.

Du verführst mich nicht!

  

Zuckerfrei. Lasterfrei. Laktosefrei. Urteilsfrei.

Zucker in die Dose rein. Deckel drauf. Weg damit.

Gift wird gelb. Erhellt den Tag. Bringt Farbe rein.

 

Vergifte mich.

Verstecke mich.

Verleite mich.

Halt ein!

 

Lass es zu. Lass es sein.

Verlassen sein. Endlich.

Weg mit der Sucht. Weg mit der Suche.

 

Ich bin leer. Ich bin jetzt. Ich bin da.

Trara!

 

Es macht mich wach. Es macht mich an. Es lässt mich aufstehen.

Ist teilnahmslos, geduldig. Wartet. Hat Zeit. Will nix.

Aber ich will. Will hin und weg zugleich.

 

Zucker zuckert.

Mehr nicht und auch nicht weniger.

Erst die Dosis machts zum Gift.

 

Stop das Spiel. Spiel den Tag.

Spoil yourself.

Be free. Be sugarfree. Be yourself.


Helsinki, 2023

 

 

Quelle:


 
 
 

2 Comments

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Guest
Mar 27
Rated 5 out of 5 stars.

Wow, sehr beeindruckender Post, danke dafür!

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Guest
Mar 24
Rated 5 out of 5 stars.
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